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DAS BESTE SIND DIE AUGEN von Monika Kim

Mit „Das Beste sind die Augen“ eröffnet das neue Imprint „kiwi sphere“ sein Programm – und was für ein furioser Auftakt! Monika Kims feministischer Horror-Roman ist nicht nur literarisch beeindruckend, sondern auch ein mutiges Statement gegen Fetischisierung und den „male gaze“, den männlichen Blick. Ein Buch, das unter die Haut geht und noch lange nachhallt.

Weibliche Wut und kulinarischer Horror: Eine unheilvolle Obsession

Die junge Korean-American Ji-won lebt mit ihrer Mutter und Schwester in Los Angeles. Nachdem der Vater die Familie verlassen hat, versinkt die Mutter in Lethargie – bis sie den weißen Republikaner George kennenlernt, der asiatische Frauen fetischisiert. Ji-wons Wächst eine obsessive Wut: Sie entwickelt einen unstillbaren Hunger auf blaue Augen, die sie als Symbol des „Male Gaze“ betrachtet. Was als widerlicher Familienritus beginnt – das Verspeisen von Fischaugen –, entwickelt sich zur düsteren Metapher für Ji-wons Rachefantasien.

Eine Antiheldin zum Anfeuern

Monika Kim gelingt das Kunststück, eine Serienmörderin als sympathische Figur zu zeichnen. Ji-won ist keine psychopathische Killerin, sondern eine junge Frau, die sich gegen rassistische und sexistische Zuschreibungen wehrt. Ihre Radikalität erscheint als logische Konsequenz einer Welt, die sie permanent objektifiziert. Kim zeichnet Ji-wons Abstieg in die Gewalt mit beeindruckender psychologischer Präzision – man versteht ihre Motive, auch wenn man ihre Handlungen verurteilen muss.

Literarischer Body Horror mit politischer Bissigkeit

Anders als bei Bret Easton Ellis‘ „American Psycho“ dient die Gewalt hier nicht der Sensation, sondern der Gesellschaftskritik. Kim seziert die Mechanismen des Patriarchats und des Rassismus. Die Horror-Elemente sind dabei sowohl metaphorisch als auch ganz konkret ekelerregend – die detaillierten Beschreibungen des Augen-Verzeifs sind nichts für schwache Nerven. Doch genau diese Unversöhnlichkeit macht das Buch so kraftvoll.

Ein neues Verlagssignal mit Haltung

Dass „kiwi sphere“ mit diesem Roman startet, ist ein Programm an sich. Dies ist kein harmloser Roman, sondern eine komplexe, literarische Auseinandersetzung mit weiblicher Wut und empowerment. Die Übersetzung von Jasmin Humburg trifft den richtigen Ton – zwischen poetischer Dichte und brutaler Direktheit.

Fazit: Ein wichtiges, verstörendes und brilliantes Debüt

„Das Beste sind die Augen“ ist mehr als nur ein Horror-Roman – es ist eine Abrechnung mit dem Patriarchat, eine Studie über weibliche Wut und ein literarisches Ereignis. Monika Kim schreibt mit einer Intensität und Radikalität, die atemlos macht.

Wer nach intelligentem, politischem Horror sucht, der gesellschaftliche Realitäten spiegelt und konfrontiert, wird hier fündig. Eine absolute Leseempfehlung für alle, die bereit sind, sich auf ein verstörendes, aber notwendiges Leseerlebnis einzulassen.


Bibliographisches zum Buch „Das Beste sind die Augen“

Erschienen im Deutschen bei kiwi sphere (Kiepenheuer & Witsch) am 03.07.2025.
ISBN: 978-3-462-00998-9
Umfang: 352 Seiten
Preis (Hardcover): 23,00 €
Link zur Buchseite beim Verlag

Eve Bernhardt

Eve Bernhardt ist in Göttingen aufgewachsen und liest schon so lange sie denken kann. Nach ihrem FSJ Kultur studierte sie Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim. Sie arbeitet als Journalistin und betreibt seit 2020 betreibt ihren eigenen Jugendbuchpodcast.

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