Von Antonia Wesseling kannte ich bisher eher ihre New-Adult-Romane und ihre Biografie – Inzwischn hat sie sich bewusst zum spannungsgeladeneren Romance-Suspense hingewandt, „Loverboy – Niemand liebt dich so wie ich“ ist das erste Buch von ihr, was ich aus diesem Genre lese. Gleich vorweg: Dieses Buch wird in vielen Buchhandlungen oft fälschlicherweise als Dark Romance vermarktet, dabei ist es das definitiv nicht. Der packende, emotionale Roman, behandelt zwar ein hochbrisantes Thema, das auch Stoff für Dark Romance sein könnte, allerdings mit beeindruckender Sensibilität und einem ganz anderen Dreh, als es bei Dark Romance der Fall wäre.
Wenn Liebe zur Falle wird: Die perfiden Methoden der Loverboys
Die Handlung trifft mitten ins Herz: Lola beobachtet, wie sich ihre Mitbewohnerin Vivian in den charmanten Pascal verliebt – anfangs noch beglückt über das neue Glück ihrer bisher eher schüchternen Freundin. Doch die anfängliche Begeisterung weicht schnell wachsender Sorge. Vivian verändert sich radikal, wird unzuverlässig und verstrickt sich in Lügen. Nach einem heftigen Streit mit Lola verschwindet Vivian spurlos. Für Lola ist klar, dass Pascal etwas mit dem Verschwinden zu tun haben muss. Diese Überzeugung teilt auch Elias, Vivians Halbbruder. Gemeinsam machen sie sich gegen den Widerstand der Polizei auf die Suche – eine Suche, die sie in die Abgründe manipulativer Beziehungen und organisierten Menschenhandels führt.
Multiperspektivisch und intensiv: Eine Geschichte, die unter die Haut geht
Wesseling erzählt die Geschichte abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Lola und Elias, unterbrochen von verstörenden Tagebucheinträgen Vivians. Diese Erzählweise erweist sich als absoluter Glücksgriff. Sie ermöglicht tiefe Einblicke in die Gedankenwelt aller drei Hauptfiguren und macht die emotionale Dringlichkeit ihrer Situation hautnah spürbar. Besonders Vivians Einträge zeichnen ein beklemmendes Bild davon, wie schleichend und perfide die Manipulation durch einen „Loverboy“ funktioniert.
Die Charaktere sind hervorragend gezeichnet: Lola ist eine starke, aber auch verletzliche Protagonistin, deren Loyalität und wachsende Verzweiflung man sofort nachfühlt. Elias überzeugt als charmanter und humorvoller, doch zutiefst besorgter Halbbruder. Die Chemie zwischen den beiden ist authentisch und trägt die Handlung, ohne die dramatische Suche nach Vivian in den Hintergrund zu drängen.
Ein Balanceakt zwischen Spannung und Sensibilität
Was „Loverboy“ so besonders macht, ist der respektvolle Umgang mit einem schwierigen Thema. Wesseling gelingt der schmale Grat zwischen packender Thriller-Spannung und der sensiblen Aufarbeitung von Zwangsprostitution und psychischer Manipulation. Das Buch ist bewegend und aufrüttelnd, ohne jemals reißerisch oder belehrend zu wirken. Es zeigt auf erschreckende Weise, wie leicht vor allem junge Menschen in toxische Abhängigkeiten geraten können. Trotz der Schwere des Themas finden sich immer wieder Momente des Humors und der Leichtigkeit, die die Charaktere menschlich und sympathisch bleiben lassen.
Der Schreibstil ist flüssig und leicht zu lesen, was der Handlung eine beklemmende Authentizität verleiht. Die unerwarteten Wendungen halten die Spannung konstant aufrecht, und die emotionale Dichte bleibt bis zur letzten Seite spürbar.
Fazit: Ein wichtiger und fesselnder Suspense-Roman
„Loverboy“ hat mich komplett überwältigt. Antonia Wesseling ist mit diesem Buch ein packender Thriller gelungen, der gleichzeitig ein wichtiges gesellschaftliches Thema ins Blickfeld rückt. Die Mischung aus mitreißender Spannung, emotionaler Tiefe und sensibler Aufklärung ist nahezu perfekt.
Ausdrücklicher Hinweis: Die Trigger-Warnungen sollten ernst genommen werden. Wer sich diesem Thema jedoch stellen möchte, erhält einen fesselnden, authentischen und letztlich auch hoffnungsvollen Roman, der noch lange nachhallt. Eine absolute Leseempfehlung – nicht nur für Fans von Antonia Wesseling, sondern für alle, die anspruchsvolle und relevante Unterhaltung schätzen.
Bibliographisches zum Buch „Loverboy“
Erschienen im Deutschen bei Knaur am 02.06.2025.
ISBN: 978-3-426-56024-2
Umfang: 432 Seiten
Preis (Paperback): 16,00 €
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