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WICKED: TEIL ZWEI Kritik

„Wicked: Teil Eins“ von Regisseur Jon M. Chu war für mich als alt eingesessener Musical Fan ein absoluter Traum, trotz kleinerer Kritikpunkte. Nun startet „Wicked: For Good“ in die Kinos. Den zweiten Teil habe ich sehnlichst erwartet und nun bereits in einer Preview auf Deutsch mit englischen Liedern gesehen – eine interessante Erfahrung, die jedoch auch einen signifikanten Schwachpunkt offenbarte.

Von der Universität in die Politik

„Wicked: For Good“ setzt genau dort ein, wo der erste Teil mit dem ikonischen „Defying Gravity“ endete: Elphaba ist zur „Bösen Hexe des Westens“ geworden und lebt im Verborgenen, während Glinda zur „Guten“ avanciert und zunehmend unter den manipulativen Einfluss des Zauberers von Oz (Jeff Goldblum) gerät. Der Film taucht tiefer in die politischen Intrigen von Oz ein und zeigt, wie beide Frauen auf unterschiedlichen Wegen mit den Konsequenzen ihrer Entscheidungen kämpfen. Neu hinzukommen die Origin Stories für Dorothys spätere Begleiter – der Löwe, der Blechmann und die Vogelscheuche –, die zwar liebevoll integriert sind, aber das ohnehin schon komplexe Geflecht auch noch zusätzlich verästeln.

Wicked Teil 2: Copyright: Universal Pictures
Wicked Teil 2: Copyright: Universal Pictures

Die große Stärke: Grandes emotionaler Tiefgang und Erivos Power

Während Cynthia Erivo als Elphaba erwartungsgemäß brilliert und mit ihrer stimmlichen Power und emotionalen Tiefe beeindruckt, strahlt auch Ariana Grande in diesem Teil deutlich mehr, als noch im ersten. Ihre Rolle als Glinda wird komplexer, und Grande meistert den Balanceakt zwischen ihrer öffentlichen Fassade als „Gute Hexe“ und ihren privaten Zweifeln, Ängsten und ihrer anhaltenden Loyalität zu Elphaba mit beeindruckender Zartheit. Ihr neuer Song „The Girl in the Bubble“ (den gab es im Musical bislang noch nicht) gibt intimen Einblick in ihre Krise und gehört zu den emotionalen Höhepunkten des Films. Musical-Autor und -Komponist Stephen Schwartz hat damit eine gute Ergänzung für das deutlich gestreckte Material geschaffen, die sich nahezu nahtlos in den restlichen Soundtrack einfügt. Die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellerinnen trägt den Film und gipfelt in einer ergreifenden Darbietung des Titelsongs „For Good“, der garantiert für feuchte Augen sorgt – Taschentücher bei diesem Film sind Pflicht.

Jonathan Bailey überzeugt erneut als Fiyero, auch wenn seine Figur einen ernsteren, düstereren Weg einschlägt. Jeff Goldblum als Zauberer scheint hingegen in seiner eigenen, exzentrischen Welt zu agieren – was unterhaltsam ist, aber stellenweise tonlich etwas aus der Reihe fällt.

Wicked Teil 2: Copyright: Universal Pictures
Wicked Teil 2: Copyright: Universal Pictures

Das Problem der zweiten Hälfte: Weniger Hits, mehr Melancholie

Wie schon im Bühnenmusical kämpft auch der Film mit dem strukturellen Problem, dass die meisten Ohrwürmer bereits im ersten Teil verbraucht wurden. Die meisten (alten) neuen Songs können an die Kraft von „Defying Gravity“ oder „Popular“ nicht anknüpfen, und der insgesamt düsterere, melancholischere Ton könnte für einige Zuschauer weniger zugänglich sein. Einige Handlungsstränge – insbesondere die Entstehung der Vogelscheuche – wirken etwas überstürzt und undurchsichtig. Der Film hätte meiner Meinung nach für das breite Publikum außerdem von einer strafferen Erzählung profitiert, während die ausführliche Erzählung vor allem für eingefleischte Fans wie mich aber auch etwas hat.

Technische Tücken: Die enttäuschende Synchronisation

Ein besonderer Kritikpunkt betrifft die technische Umsetzung der Synchronisation. Leider fällt bei dieser immer wieder auf, dass sie im Studio aufgenommen wurde. Negativ ist mir das beispielsweise aufgefallen, als Fiyero im Wald mit den anderen Wachen nach Elphaba sucht. Die Stimmen wirken hier, wie in vielen anderen Szenen auch, klar vom Original-Raum entkoppelt und „clean“, was das Eintauchen in die Welt von OZ erschwert. Bei einer so hochbudgetigen Produktion hätte ich mir hier mehr Sorgfalt und eine bessere Integration in die Sound-Umgebung gewünscht.

Wicked Teil 2: Copyright: Universal Pictures
Wicked Teil 2: Copyright: Universal Pictures

Fazit: Ein würdiger Abschluss

„Wicked: For Good“ ist ein emotional befriedigender Abschluss, der die zentrale Freundschaftsgeschichte zwischen Elphaba und Glinda in den Mittelpunkt stellt und mit den herausragenden Leistungen der Schauspieler:innen punktet. Während er die epische Zauberei des ersten Teils zugunsten einer intimeren, charaktergetriebeneren Erzählung zurückfährt und mit einem dünneren Songmaterial kämpft, gelingt ihm das Wichtigste: Er bringt die emotionale Reise seiner Heldinnen zu einem berührenden und stimmigen Ende.

Für wen lohnt sich der Film?

  • Alle, die den ersten Teil gesehen haben und die Geschichte zu Ende erleben möchten
  • Fans, die Ariana Grandes schauspielerische Entwicklung und emotionale Tiefe erleben wollen
  • Zuschauer, die auf ein gefühlvolles, charakterorientiertes Finale stehen

Für wen eher nicht?

  • Zuschauer, die ein schnelles Erzähltempo bevorzugen und keine Nebenhandlungen mögen
  • Alle, die mit dem düstereren, politischeren Tonfall nichts anfangen können
  • Perfektionisten, die Filme auf deutsch schauen wollen und denen mangelnde Synchron-Qualität wichtig ist

Letztendlich hallt „Wicked: For Good“ mit all seiner emotionalen Tiefe und tragischen Schönheit im Herzen nach.


Kurzinformationen

Land, Jahr: USA, 2025
Filmlänge: 137 Minuten
Genre: Fantasy/Musical
Regie: Jon M. Chu

Eve Bernhardt

Eve Bernhardt ist in Göttingen aufgewachsen und liest schon so lange sie denken kann. Nach ihrem FSJ Kultur studierte sie Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim. Sie arbeitet als Journalistin und betreibt seit 2020 betreibt ihren eigenen Jugendbuchpodcast.

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