In „Der Circle“ von Dave Eggers geht es um Mae Holland, die trotz eines erfolgreichen Studiums in einer kleinen Stadt festhängt und einen Job hat, der ihr keinen Spaß macht. Als ihr ihre College-Freundin Annie dann einen Job beim Circle verschafft, einem riesigen, extrem progressiven Technologieunternehmen, kann Annie ihr Glück kaum fassen. Sie stürzt sich auf ihre neue Arbeit, an die sie so sehr glaubt. Der Circle macht alles besser, einfacher. Alle Menschen die The Circle nutzen brauchen nur noch einen Account, ein Passwort und damit können sie auf alles Zugreifen, ihre Bankdaten, ihre Mails oder ihre sozialen Netzwerke.
Mae arbeitet in der CW der Customer Experience, es gehört aber auch zu ihrer Arbeit, sich einzubringen. Digitale und reale soziale Interaktion scheint beinahe genauso wichtig zu sein, wie die die Kundenbetreuung. Der Circle verlangt von ihr, die Zahlreichen Angebote zu nutzen, die das Unternehmen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anbietet. Partys feiern oder kostenlos shoppen und Hauptsache alles teilen, kommentieren und bewerten, damit auch alle anderen das Erlebte nachempfinden können. Denn: „Geheimnisse sind Lügen, teilen ist heilen, alles Private ist Diebstahl“, so lautet zumindest das Motto vom Circle Ein Motto, an das die Protagonistin Mae Holland nur zu gerne glaubt, denn „Wenn es keine Geheimnisse mehr gibt, dann gibt es auch keine Verbrechen mehr.“
Volle Transparenz
Deshalb Ruft der Circle auch das SeeChange ins Leben, weltweit werden kleine Kameras verteilt, die live ins Internet – für jeden auf der ganzen Welt sichtbar – übertragen, damit könnten nicht nur Surfer den aktuellen Wellengang einsehen, sondern es würde auch ein Großteil aller Verbrechen dokumentiert, beziehungsweise würden sie nicht mehr begangen, da die Menschen, die sie sonst begangen hätten Konsequenzen fürchten müssten. Die Welt, alle Menschen, so die Vision, sollen also transparent werden, damit die Welt sicherer werden kann.
Beim Lesen wird schnell klar, wie groß Maes naive Faszination für die Welt des Circles ist, wie sehr sie von dem Konzept überzeugt ist. Sie geht Konfrontationen aus dem Weg, nimmt Dinge hin, die sie zu Anfang noch etwas stutzig werden lassen, um ihren Arbeitsplatz nicht zu gefährden. Dabei biegt sie sich die Dinge zurecht, bis sie in ihr Bild des Circles passen. Immer wieder habe ich mich als Leserin gefragt, wann sie endlich aufwacht, was noch passieren muss, bis sie sieht, wie manipulativ all das um sie herum nur ist.
Diese Position der Protagonistin finde ich insofern spannend, dass bei vielen dystopischen Romanen die Hauptfiguren die einzigen zu sein scheinen, die den Fehler im System sehen, die einzigen, die ausbrechen wollen oder können. Und hier verteidigt die Hauptfigur stattdessen das System, obwohl sie, auch von außen, eigentlich genug Warnsignale bekommt. Mae sieht nicht, wie der Circle immer und immer mehr Macht gewinnt, sieht nicht die Gefahr darin.
Auch das all das, was in diesem Buch passiert irgendwie nicht allzu weit entfernt, nicht allzu weit hergeholt scheint, fand ich beim Lesen spannend. Schon jetzt gibt es Techgiganten mit immenser Macht und wir wissen nicht, wie sich das in den nächsten Jahren weiterentwickeln wird.
Flache Charaktere
Allerdings scheint sich kaum einer der Charaktere wirklich weiter zu entwickeln, sie alle sind flach, haben scheinbar einen zentralen Charakterzug, eine Überzeugung der sie folgen und das war’s dann auch schon wieder.
Dennoch fand ich die Geschichte gut zugänglich. Auch wenn ich mich selbst nicht in Mae wiedergefunden habe, habe ich mit ihr mitgefiebert, immer wieder gehofft, sie würde die die Kurve doch noch kriegen.
Insgesamt habe ich das Buch also trotz der sehr zweidimensionalen Charaktere gerne gelesen. Es ist relativ einfach geschrieben, was ich aber bei dem Buch auch tatsächlich passend fand, weil so nichts von dem eigentlichen Geschehen abgelenkt hat. So hatte das Buch auf mich eine gewissen Sogwirkung. Maeves Naivität und ganz besonders, wie nah vieles schon an unserer eigenen Realität war, hat mir gut gefallen.
Hör auch mal in die Podcastfolge zu DER CIRCLE rein:
Hi, wie schön, dass ihr da seid. Ich bin Eve und das hier ist writtenbetweenthelines der Bücherpodcast! Ich liebe es zu lesen und immer wieder neue Bücher zu entdecken. Und wenn mich ein Buch so richtig packt, oder auch nicht, liebe ich es, mich darüber auszutauschen und das möchte hier mit euch machen! Besonders oft spreche ich hier über Bücher für Jugendliche und junge Erwachsene. Ich freue mich, dass ihr reinhört!
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Heute wird es weihnachtlich, dystopisch und prinzessinnenhaft! Für die neue Folge habe ich drei Bücher ausgesucht, die ich euch gerne vorstellen möchte!
- A boy called christmas bzw. Ein Junge namens Weihnacht von Matt Haig
- Der Circle von Dave Eggers
- Prinzessin undercover – Geheimnisse von Connie Glynn
Hier kommt ihr zum Trailer von Ein Junge namens Weihnacht (Youtube)
>> Update >> Nachdem ich den Film gesehen habe, muss ich leider sagen, dass dieser für mich dem Buch in keinem Fall gerecht wird.
Bibliographisches zum Buch
Erschienen bei KiWi.
ISBN: 978-3-462-04854-4
Umfang: 560 Seiten
Preis (Taschenbuch): 12€