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Tabuisierungen – Wenn Amazon und Eltern Themen „schwierig“ machen

Werbung, da Markennennung

Image by RobinHiggins on Pixabay

Vor kurzem habe ich eine Bücherliste auf Amazon entdeckt, die den Namen „Schwierige Themen“ trägt. Nur wenige Stunden zuvor habe ich in einem Arbeitskreis (AT: Sexting) mit Leuten, die in Schule, Jugendzentrenin, bei der Polizei, der Jugenddrogenberatung, oder einer Beratungsstelle für (sehr) junge Missbrauchsopfer über das Thema Tabuisierung gesprochen. Das hat mich zum Nachdenken gebracht:

Reden ist wichtig! Reden ist Gold!

Manche Themen werden einfach totgeschwiegen. Besonders in der Selbstfindung ist aber genau das ein riesiges Problem!
Immer mehr Schulen haben mit Sexting und nationalsozialistischen Schmierereien oder Nachrichten sowie Pornos in den Klassenchats zu kämpfen. Genau das ist mittlerweile auch schon in vereinzelten Grundschulen Thema!
Gleichzeitig berichtete mir eine Schulsozialpädagogin vor kurzem, dass sich viele Naturwissenschaftslehrer nicht imstande fühlten, mit Schülern der Unterstufe die Sexualkunde zu behandeln, da Eltern mit Klagen drohten. Ist dies nicht der Fall, reicht die Unterrichtsdiskussion dennoch selten über das Sexualverhalten in heteronormativen Beziehungen aus.
Kinder sind Neugierig. Wenn also in der Schule nicht über bestimmte Themen gesprochen wird, dann muss das Internet herreichen. Statt die Kinder zu begleiten, lassen Eltern, die den Lehrern mit Klagen drohen, ihre Kinder also auf die vielen Impressionen des Internets los. Denn Hand aufs Herz, Eltern, die offene, aufklärende Gespräche im Unterricht verbieten, werden sich wahrscheinlich auch nicht selber mit ihren Kindern hinsetzen und diese aufklären. Auch eine hinreichende Medienbildung kommt in vielen Familien zu kurz, stattdessen werden die Augen verschlossen und nutzlose Verbote ausgesprochen. Gar nicht so unwahrscheinlich ist es, dass die Kinder dabei auf eine falsche Internetseite stoßen und Inhalte so komplett ungefiltert und unkommentiert auf das Kind wirken.
Nun bräuchten die Kinder jemanden zum reden, nur wen? Oft haben Kinder das Gefühl sich ihren Eltern nicht anvertrauen zu können. Warum? Weil Eltern genau diese Themen, die nun wichtig für das eigene Kind sind, ja von vornherein als „falsch“, „nicht richtig“ oder schlichtweg als „tabu“ deklarieren.
Immer wieder kommen Eltern sogar zur Jugendberatung für Gewalt und Missbrauch und wollen, dass man ihren Kindern, die sich in der Opferposition befinden, dort Standpauken hält. Sie hätten doch vorsichtiger sein sollen. Wie aber, soll hier eine vernünftige Gesprächskultur entstehen? Wenn sie das Gefühl haben, anschließend als die schuldigen betrachtet zu werden, ist es umso schwerer, sich gegenüber ihren Eltern zu öffnen.
Fast genauso problematisch, ist es, dass unsere Gesellschaft die Tabuisierung verschiedener Themen immer wieder vorgelebt bekommt. Beispielsweise gibt es auf Amazon die Jugendbuchkategorie „Schwierige Themen“. Aber was genau sind Bücher mit „Schwierigen Themen“?
In der Kategorie lassen sich Bücher finden, die sich mit gleichgeschlechtlicher Liebe, Feminismus und Rassismus auseinandersetzen.
Nun stellt sich die Frage, was genau diese Themen so schwierig macht. Die ihnen innewohnende Kontroversität ist nicht nur unnötig, sie führt auch dazu, dass sich Menschen schnell schuldig fühlen, wenn sie selbst von einem oder mehren dieser Themen betroffen sind. Sie können nicht offen über für sie wichtige Themen sprechen, aus der Angst heraus, damit jemanden anzugreifen oder in eine unbehagliche Lage zu bringen, wenn nicht sogar selber in einer unangenehmen Konversation enden.
Warum also ausgerechnet die Bezeichnung „Schwierige Themen“? Sind es nicht viel mehr wichtige Themen? Diese Bücher sollen aufklären, doch genau solche Bezeichnungen wie „Schwierige Themen“ führen dazu, dass nicht nur die Themen an sich tabuisiert werden, sondern auch die Bücher, die etwas gegen diese Tabuisierungen ausrichten könnten.
Der höchst aktuelle Kampf für und gegen Artikel 13 ist übrigens auch maßgeblich was das Thema Tabuisierung angeht. Ob Meinungsäußerung dann noch so möglich ist wie bislang, ist wohl eher unwahrscheinlich. Wenn ihr etwas dagegen tun wollt, könnt ihr am 23.03.2019, dem Europaweiten Demotag auf die Straßen gehen oder wenn ihr selber verhindert seid zumindest Andere motivieren, zu demonstrieren.. Hier findet ihr mehr Infos (Link)
Heute mal ein etwas anderes Thema, ich hoffe es hat euch dennoch irgendwie interessiert.
Bis bald! Liebst
Eve

Eve Bernhardt

Eve Bernhardt ist in Göttingen aufgewachsen und liest schon so lange sie denken kann. Nach ihrem FSJ Kultur studierte sie Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim. Sie arbeitet als Journalistin und betreibt seit 2020 betreibt ihren eigenen Jugendbuchpodcast.

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